Mythen der Gleichberechtigung: Wahlrecht

Es ist immer wieder interessant, wie Mythen gepflegt werden, wenn versucht wird, die Geschichte von Mann und Frau, als eine des Geschlechterkampfes zu framen, wo das eine Geschlecht (Männer) nicht Besseres zu tun hat als das andere Geschlecht (Frauen) zu unterdrücken und auszubeuten.

Natürlich ist es eine bequeme Sichtweise bzw. Ausrede, wenn man fragt, warum Frauen trotz gleicher Rechte immer noch selten Vollverdiener und noch seltener Familienfinanzierer sind. Der Gesetzgeber hat das letzte Vetorecht des (Ehe-)Mannes beseitigt. Die Hausfrauenehe wurde 1976 abgeschafft. Karrierewillige Frauen sind also seit fast 50 Jahren frei zu tun und zu lassen, was sie wollen. In die Zeit dieser fiel sogar die größte Revolution des Arbeitsmarktes seit Erfindung der Dampfmaschine. Die digitale Revolution, die wohl mehr Selfmade-Millionäre und -Milliardäre hervorgebracht hat, als alle Umstürze auf dem Arbeitsmarkt zuvor. Aber wenn man die Frage stellt, warum Frauen immer noch so selten ihr Leben für eine CEO-Karriere verschwenden, kommt schnell der Hinweis auf die jahrhundertealte Unterdrückung der Frau. Einer der beliebtesten »Beweise« für diese Verschwörungstheorie ist das Frauenwahlrecht, welches bekanntermaßen ja erst 1919 realisiert wurde. Was die meisten Menschen dabei gerne ignorieren ist, dass das Wahlrecht, das allgemein, unmittelbar, frei, gleich und geheim ist, für Männer erst im Jahr 1871 eingerührt wurde.

Fragen wir doch mal ChatGPT zu einer Stellungnahme zu folgender Frage:

»Schreib einen Artikel, der die Entwicklung des Wahlrechts in Deutschland getrennt für Männer und Frauen vergleicht. Ausgehend von der Frage, seit wann es freie und gleiche Wahlen für Männer in Deutschland gibt, möchte ich die historischen und rechtlichen Hintergründe sowie die aktuellen Herausforderungen und Perspektiven darstellen.«

Wahlrecht als Symbol der Befreiung von Unterdrückung

Das Wahlrecht ist ein grundlegendes Element der Demokratie, das es den Bürgerinnen und Bürgern ermöglicht, an der politischen Willensbildung mitzuwirken und ihre Vertreterinnen und Vertreter im Parlament zu wählen. Die Wahlrechtsgrundsätze des Grundgesetzes garantieren, dass die Wahl allgemein, unmittelbar, frei, gleich und geheim ist. Das bedeutet,

  • dass alle Staatsbürgerinnen und -bürger unabhängig von Konfession, Bildung, Geschlecht, Sprache, Einkommen, Beruf oder politischer Überzeugung das Stimmrecht besitzen,
  • dass sie ihre Stimmen direkt für die Zuteilung der Abgeordnetensitze abgeben können,
  • dass sie ihre Wahlentscheidung ohne Zwang oder Beeinflussung treffen können,
  • dass alle Stimmen das gleiche Gewicht haben und
  • dass niemand erfahren kann, wie jemand gewählt hat.

Die Entwicklung des Wahlrechts in Deutschland ist jedoch nicht linear verlaufen, sondern war geprägt von historischen Brüchen, politischen Konflikten und gesellschaftlichen Veränderungen. Insbesondere die Gleichberechtigung von Männern und Frauen im Wahlrecht war ein langer und mühsamer Prozess.

Die Anfänge des Wahlrechts in Deutschland gehen auf das 19. Jahrhundert zurück, als sich verschiedene liberale und demokratische Bewegungen für eine parlamentarische Mitbestimmung einsetzten. Die erste demokratische Wahl in Deutschland fand im Jahr 1849 statt. Sie war das Ergebnis der Revolution von 1848/49, die sich gegen die monarchische Herrschaft und für eine nationale Einheit Deutschlands einsetzte. Die Revolutionäre forderten unter anderem ein allgemeines, gleiches und direktes Männerwahlrecht für eine verfassungsgebende Nationalversammlung.

Die Nationalversammlung trat am 18. Mai 1848 in der Frankfurter Paulskirche zusammen und erarbeitete eine Verfassung für ein deutsches Kaiserreich. Sie sah vor, dass der Kaiser vom Volk gewählt werden sollte, dass es ein Zweikammersystem mit einem Reichstag und einem Reichsrat geben sollte, und dass das Reichstagswahlrecht auf alle Männer über 25 Jahre ausgedehnt werden sollte.

Die Frankfurter Verfassung wurde jedoch von den deutschen Fürsten abgelehnt, die ihre Macht nicht aufgeben wollten. Auch Preußen, das größte deutsche Land, lehnte die Kaiserkrone ab, die ihm von der Nationalversammlung angeboten wurde. Die Revolution scheiterte an der militärischen Übermacht der Fürsten und an den inneren Zerwürfnissen der Demokraten. Die Nationalversammlung löste sich im Mai 1849 auf.

Erst mit der Gründung des Deutschen Reiches im Jahr 1871 wurde ein einheitliches Wahlrecht für den Reichstag geschaffen. Es basierte auf dem preußischen Wahlgesetz von 1867 und sah ein allgemeines, gleiches, direktes und geheimes Männerwahlrecht vor. Das bedeutete, dass alle Männer über 25 Jahre wahlberechtigt waren, dass jede Stimme gleich viel zählte, dass die Wähler direkt ihre Abgeordneten wählten, und dass niemand ihre Stimmabgabe kontrollieren konnte. Aber auch nach der Gründung des Deutschen Reiches 1871 blieb das Wahlrecht ungleich und beschränkt. Zwar galt für die Wahlen zum Reichstag ein allgemeines und gleiches Männerwahlrecht ab 25 Jahren, aber für die Wahlen zu den Landtagen und Kommunen galten unterschiedliche Regelungen je nach Bundesstaat. Frauen durften weder wählen noch gewählt werden.

Bereits 20 Jahre später (1891) forderte die SPD in ihrem Erfurter Programm, die Gleichberechtigung von Mann und Frau und das allgemeine, gleiche und direkte Wahlrecht für alle Männer und Frauen über 20 Jahre. Die SPD unterstützte auch die Aktivitäten der Frauenbewegung, die sich seit Anfang des 20. Jahrhunderts für das Frauenstimmrecht einsetzte.

Erst nach dem Ersten Weltkrieg und dem Zusammenbruch des Kaiserreiches wurde das Wahlrecht in Deutschland grundlegend reformiert. Die Weimarer Nationalversammlung beschloss 1919 das erste demokratische Wahlgesetz, das das allgemeine, gleiche, direkte und geheime Wahlrecht für Männer und Frauen ab 20 Jahren festlegte. Damit war Deutschland eines der ersten Länder in Europa, das Frauen das aktive und passive Wahlrecht gewährte. Die erste Wahl nach diesem Gesetz fand am 19. Januar 1919 statt und brachte 37 Frauen in den Reichstag.

Zusammenfassung

Das Patriarchat, welches also seit Tausenden Jahren – um es mit John Lennon zu sagen – Frauen zu den Negern dieser Welt machte, hat Männern also gerade mal 47 Jahre vor den Frauen das Wahlrecht gegeben? Das ist angesichts der tausendjährigen Geschichte dessen, was man grob als Deutschland umschreiben könnte, nicht wirklich eine gute Ausrede für die These, dass Männer seit Ewigkeiten dafür kämpften, Frauen zu unterdrücken.

Zum größten Teil dieser Zeit waren Männer und Frauen in der überwältigenden Mehrheit gleichermaßen unterdrückt und eher bemüht, gemeinsam gegen die Widrigkeiten des Lebens zu bestehen. und wenn man sich fragt, warum zum Beispiel in einem Land wie der Schweiz, das Wahlrecht der Frauen z. B. noch weitere 60 Jahre auf sich warten ließ, dann lag das auch weniger an einem Interesse Frauen zu unterdrücken, sondern eher daran, dass das männliche Wahlrecht bis 2021 von der Wehrpflicht abhing, und während Frauen gerne wählen wollten, war das Interesse dafür auch die Wehrpflicht zu erfüllen eher gering, da dauerte es wohl etwas länger gedauert, bis es genug weiße Ritter gab, die es akzeptieren wollten, dass sie künftig benachteiligt werden.

4 Antworten auf „Mythen der Gleichberechtigung: Wahlrecht

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  1. Sicher, dass alle Männer ab 25 Jahren wählen durften und nicht nur die mit Militärdienst oder die zur bürgerlichen Klasse zählten (mit Besitz)? Da konnte jeder Hungerleider, jeder aus dem Proletariat wählen? Fällt mir schwer zu glauben.

    Die KI lag auch mit Häuslicher Gewalt falsch.

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  2. Der Gesetzgeber hat das letzte Vetorecht des (Ehe-)Mannes beseitigt. Die Hausfrauenehe wurde 1976 abgeschafft. Karrierewillige Frauen sind also seit fast 50 Jahren frei zu tun und zu lassen, was sie wollen.

    Es gab kein einfaches Veto-Recht des Ehemannes, mit dem er der Frau die Erwerbstätigkeit untersagen konnte.
    Das konnte er zwar tatsächlich, allerdings nur durch Beschluss eines Gerichts, wenn er nachweisen konnte, dass seine Frau die häuslichen Pflichten vernachlässigte wegen der Arbeit. Die tatsächlichen Hürden für das Verbot der weiblichen Erwerbstätigkeit in einer Ehe waren also deutlich höher als das, was so gerne (mehr oder weniger absichtlich) als Veto-Recht oder Verbotsrecht propagiert wird.

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    1. Ja, genau so war das. Dass dieses Vetorecht in der Realität keinerlei Bedeutung hatte, würde ich auch nie bestreiten.
      Die Abschaffung der Hausfrauenehe war ein symbolischer Akt, welcher eigentlich damit konterkariert wurde, dass im gleichen Atemzug die Familienfinanziererehe durch Einführung des Versorgungsausgleichs zementiert wurde.

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